Hamburg - eine zweitklassige Stadt

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Stehplatz70
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Hamburg - eine zweitklassige Stadt

Beitrag von Stehplatz70 » Fr 8. Feb 2019, 00:31

In der „Welt“ wurde ein Artikel über die Zweitklassigkeit der Sportstadt Hamburg veröffentlicht:

https://www.zeit.de/sport/2019-02/hambu ... sportstadt

Tie Domi
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Re: Hamburg - eine zweitklassige Stadt

Beitrag von Tie Domi » Fr 8. Feb 2019, 11:13

Stehplatz70 hat geschrieben:
Fr 8. Feb 2019, 00:31
In der „Welt“ wurde ein Artikel über die Zweitklassigkeit der Sportstadt Hamburg veröffentlicht:

https://www.zeit.de/sport/2019-02/hambu ... sportstadt
Einer der besseren Artikel zu dem Thema, weil er halt das Thema diskutiert und nicht nur die üblichen Floskeln raushaut. Allerdings kommt mir noch etwas zu kurz, dass Profisport mit einer überschaubaren Plattform für Sponsoren immer eine mitunter aussichtsarme Risikoinvestition ist und letztendlich oft stark in die Richtung Herzensangelegenheit gehen muss, um größere Investitionen zu rechtfertigen. Die Freezers waren nicht das erste größere Team, das in der DEL trotz Fanbase nicht profitabel war (klar gibt es die Besonderheit, dass man eh nur für eine Halle installiert wurde, aber das Ergebnis bleibt ja gleich, wenn man mit den Freezers gutes Geld hätte verdienen können, hätte die AEG sie auch am Leben gehalten). Die Crocos sind nicht das einzige Team in der Oberliga, das finanzielle Probleme hat. Hamburg ist nicht die einzige Stadt, die nicht in zB Rugby groß investieren würde.
Die zitierte Aussage, dass Investition in Sportarten ohne die ganz große Plattform einen gewissen Imagegewinn bedeuten würden stimmt in einem gewissen Rahmen sicherlich, aber ich würde recht entschieden in Frage stellen, ob es ein Imagegewinn ist, der sich wirklich auch auf die lokale Wirtschaft merkbar auswirkt.

Zudem denke ich, dass der besprochene Aspekt Fußball zentral ist. Ich würde mal behaupten, dass in Hamburg keinesfalls weniger in Sport investiert wird als woanders, aber es konzentriert sich halt sehr stark auf den Fußball. Sowohl der HSV als auch St. Pauli sind halt schon beides große Namen und Hausnummern und das unabhängig vom sportlichen Erfolg. Was mitunter mehr Fluch als Segen ist, weil somit viel, viel Geld in Teams gesteckt wird, die eine spektakuläre Geschichte an Misswirtschaft haben. Ich würde fast behaupten, dass diese beiden "Vereine" (siehe Ausgliederung und diesbezügliche Chancen und Risiken für andere Sportarten des Vereins) sogar die beste Chance haben profitabel kleinere Sportarten profitabel zu vermarkten und Investoren zu finden, wenn man im Kerngeschäft den eigenen Möglichkeiten entsprechend funktionieren würde und dann auch in diesen Bereichen bessere Arbeit leistet. Aber auch generell geht glaube ich in Sachen Stimmung für Herzensangelegenheit-Investitionen viel über die maßgeblich vom Fußball getragene Gesamtstimmung in Sachen Sportstadt Hamburg.

Dass man immer wieder die Bewerbung für die Olympischen Spiele anführen muss nervt irgendwie, aber es wird ja immerhin angemerkt, dass es auch gute Gründe für die Ablehnung gab. Sicherlich wäre das für die kleineren Sportarten ein Hauptgewinn gewesen, keine Frage, aber darüber hinaus sind Olympische Spiele mittlerweile leider*, im Nachhinein immer ein Minusgeschäft, das nicht einmal ansatzweise durch die durchaus vorhandenen Perspektiven aufgefangen werden kann. Olympische Spiele sind mittlerweile einfach ein Image Ding für eine Stadt, aber das gesteigerte Image kann den vorher betriebenen Aufwand halt nie zurückzahlen und die Anzahl an fehlgeleiteter Investitionen im Rahmen dieser Angelegenheit ist einfach Irrsinn. Traurig, dass es sich so entwickelt hat, aber das ist halt die Realität.

Am Ende hat man in meinen Augen die Hauptprobleme (für kleinere Sportarten), dass Fußball in unserer Stadt so eine wahnsinnig große Gewichtung hat und die beiden Schwergewichte nicht gut genug geführt werden, um als Zugpferde für die Sportstadt und auch andere Sportarten zu funktionieren. Dazu kommt noch das grundsätzliche Problem, dass Investitionen in Sportarten ohne große mediale Plattform sehr selten profitabel sind. Das ist übrigens nicht nur in Deutschland so. In der NHL, der mit Abstand besten Eishockey Liga der Welt, sind die Mehrzahl der Teams eigenständig nicht profitabel. Sie funktionieren (einigermaßen), weil die großen Märkte (also Teams die wirtschaftlich sehr gut funktionieren) innerhalb der Liga Ausgleichszahlungen an die kleinen Märkte leisten, um eine konkurrenzfähige Liga zu haben. Trotzdem sind mehrere Teams darauf angewiesen, dass ihre Besitzer das als Hobby zu sehen und bereit sind Minus zu machen. Das trifft auch auf die größte und profitabelste Liga der Welt im Fußball zu. Die PL war in ihrer Entwicklung maßgeblich davon abhängig, dass Investoren bereit dazu waren (aus unterschiedlichen Gründen) Geld mit ihrem Engagement bei den Teams zu verbrennen. Das ist auch noch immer so. Wenn der Geldhahn von den jeweiligen Besitzern auf- oder zugedreht wird, dann merkt man das trotz massiven TV-Deals sofort. Ist natürlich aufgrund der Größe und des Geldes in dem Sport ein hinkender Vergleich, aber mir ging es nur darum zu zeigen, dass selbst auf dem höchsten Niveau es nicht so einfach funktioniert, dass du viel Geld investierst und dann automatisch auch viel Geld dafür bekommen kannst (ganz im Gegenteil). Bei Sportarten mit kleineren Plattformen ist die Aussicht noch ungleich gruseliger. Es gibt profitable Ausnahmen, aber die dürften stark in der Unterzahl sein. Ich würde behaupten, dass größerer Wachstum von Sportarten mit kleinen Plattformen nur funktioniert, wenn man über einen langen Zeitraum bereit ist Geld zu verbrennen und gleichzeitig auch eine größere Anzahl der restlichen Teams der Liga groß investiert (die Mehrzahl wahrscheinlich dabei rote Zahlen schreibend). Von wem soll das verlangt werden? Ich bin selbst großer Fan von mehreren Profisportarten, aber muss ehrlich sagen, dass ich es von staatlicher Seite für sinnvoller halte zB. in Projekte zu investieren, die direkt daran ansetzen Kinder und Menschen zum Sport zu bekommen als ordentlich in Profisport zu investieren und zu hoffen, dass über die Idol-Schiene das automatisch passiert (was halt oft nicht der Fall ist).
Also für den Staat macht es nur in einem gewissen Rahmen Sinn und für Investoren macht es (wirtschaftlich) nur in einem gewissen Rahmen Sinn. Also wer soll es machen? Wie gesagt, es ist nicht umsonst so, dass die größten Sportligen der Welt Teams mit steinreichen privaten Besitzern haben von deinen ein nicht so kleiner Anteil das Team als Spielzeug sieht und bereit ist Verluste in Kauf zu nehmen.
Das soll nicht bedeuten, dass man mit Profisport kein Geld machen kann, aber es ist schwierig und es gibt keine einfach kopierbare Erfolgsformel dafür.



*(ich bin ein großer Fan von dem Spektakel und ziehe mir das seit eh und je trotz IOC-Korruption, Doping usw begeistert rein und würde zu gerne behaupten, dass es anders ist)

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Re: Hamburg - eine zweitklassige Stadt

Beitrag von Yogi » Fr 8. Feb 2019, 17:43

Schön geschrieben.
Das bei den Olympiabefürwortern die finanziellen Risiken immer wieder außer acht gelassen werden nervt mich auch.
Mit dem Geld, dass Kühne bei den Hasis verbrannt hat, hätte er mehrere andere Sportarten erstligareif machen können.
Zu St. Pauli ist zu sagen, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben scheint und erstens auf eigenen Nachwuchs setzt und zweitens nur noch das Geld ausgibt, welches man auch hat.

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